Qimaya – Semantic Web

creating a semantic web

Ontologien aus Amsterdam

with 4 comments

Wir von Qimaya werden ständig auf das Thema Ontologien angesprochen. Klaus kann kaum eine Tüte Brötchen holen, ohne dass die obligatorische Frage kommt: Wie haltet ihr von Qimaya es eigentlich mit Ontologien? Natürlich verstehen wir, dass die Welt der „Ontologen“ ohne Ontologien eine Welt voller Magic sein muss. Manche müssen sich vorkommen wie ein ganz „normaler“ User, einmal ihres wichtigsten Werkzeuges beraubt. Auf sich gestellt wie unsere Vorfahren ohne Feuerstein. 😉

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Unsere treuen Blog-Leser kennen natürlich die Antwort: „Don’t ontology!“ – wie es Roy mit kristallklaren Worten betonierte.

Es wäre allerdings sehr unwissenschaftlich, wenn wir nur selbstreferentiell unsere persönliche Meinung kundtun ohne uns seriös mit den Ansätzen aus der Welt der „Ontologen“ zu beschäftigen. Daher sind wir froh, dass wir einen hervorragenden Fachaufsatz von Peter Mika (Universität Amsterdam) im Netz gefunden haben: „Ontologies are us: A unified model of social networks and semantics“

Herr Mika macht eine kritische Bestandsaufnahme der Konzepte von RDF bis OWL. Hauptaugenmerk des Aufsatzes ist der Aspekt sozialer Netzwerke und die Änderung der Semantik in einem Netzwerk, wenn neue Mitglieder hinzukommen.

Zitat: „As the original community evolves through members leaving and entering or their commitments changing, a new consensus may shape up invalidating the knowledge codified in the ontology.“

Qimaya hat schon immer auf den Aspekt der Zeit hingewiesen: Eine Entität (z.B. „Lehman Brothers“) kann von heute auf morgen ein neues Assoziationsfeld erhalten, dem eine statische Ontologie nicht genügen kann. Bei Peter Mika geht es darum, dass einzelne neue Mitglieder den „Konsens“ einer Community ändern können. Jeder wird das schon mal in einem Blog oder einem Forum beobachtet haben: Eine einzelne originelle Person bringt einen neuen Aspekt ins Spiel und ein ganzer Thread wechselt auf eine andere Spur.

Im Kern geht in dem Aufsatz schliefllich noch um das Problem „emergent semantics“ zu kreeiren. Leider fehlt in dem Aufsatz das Quäntchen Phantasie, dass dies durchaus mit automatischen Verfahren zu lösen ist. Qimaya zum Beispiel kann gar kein Netzwerk OHNE emergent semantics generieren, denn die assoziative Netzwerke sind bei uns nicht Output, sondern Input.

Nun ist dieser Mangel an Phantasie nicht an sich zu kritisieren, schließlich wußte schon Arthur Schopenhauer: „Jedermann sieht die Grenzen seiner eigenen Vision als die Grenzen der Welt an.“

Doch es gibt da noch einen weiteren Drop in dem Aufsatz-Zitat, das wir mal lutschen sollten. Spätestens an der Stelle „knowledge codified in the ontology“ fängt Qimaya an zu husten. Hier zeigt sich implizit die Vorstellung, Wissen sei ein Kristall. Nun sind Roy und Klaus im real life schon Menschen begegnet, die ihr Lebenswerk darin sehen, einen Setz- und Zettelkasten ihres Wissens zu generieren.

Neurobiologisch – und philosophisch – wäre es verfehlt, Wissen als einen Kristall zu betrachten. Wir haben kein Barack-Obama-Molekül in unserem Kopf, das sich just kräuselt, wenn in den Tagesthemen über den künftigen US-Präsidenten berichtet wird. Nein, Wissen ähnelt eher einer holografischen Flüssigkeit. Frei nach Heraklit könnte man sagen: „Du denkst nie zwei Mal denselben Gedanken“. Eine Ontologie quasi als Baedeker-Reiseführer für unseren Kopf wäre völlig sinnlos. Und das Assoziationsfeld Clinton-Obama hat mit der Berufung Hillary Clintons zur Außenministerin eine Komplexität erreicht, die weit in den vorsprachlichen Bereich hineinreicht.

Für das Qimaya-Team wird es eine Freude sein, die Änderungen der Semantik und der Assoziationsfelder, die mit dem Machtwechsel in den USA einhergehen, zu beobachten. Natürlich werden wir im Blog darüber berichten.

Written by Qimaya

4. Januar 2009 um 1:18 pm

Veröffentlicht in Uncategorized

4 Antworten

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  1. Also ich weiß nicht, ob ich die Aussage dieses Artikels richtig verstanden habe. So wie ich es verstehe, geht der Autor (?) doch hier hinter Aristoteles zurück zu Platon. Heute sind wir allerdings viel weiter im Verständnis dessen, was uns als Welt begegnet.

    Müsste man nicht viel eher von Hermeneutik sprechen, also von einem Verstehen dessen, was sich uns (im Web) darbietet. Ich hatte in meinem letzten Artikel in dem Zusammenhang ja schon Gadamer zitiert: daß das Verstehen eben prozesshaft ist und keine Statik dulden kann. Der hermeneutische Prozess ist also ein immerwährendes Sich- Versichern dessen, was geschieht. Jede neue Information, die in den Bereich des neuronalen Netzes gerät, verändert dieses auch gleichzeitig und gibt ihm unter Umständen eine neue Richtung. Weder kann dieser Prozess je abgeschlossen werden, noch kann er Momentaufnahmen als Abbild der Wirklichkeit liefern. Dieses Abbild ist immer als Punkt auf einer Zeitachse zu sehen (der allein schon durch die Betrachtung eine Änderung erfährt).

    Damit ist Verstehen als dynamischer Prozess definiert – und genau das unterscheidet Qimaya von anderen Systemen: Qimaya ist dynamisch und damit sowohl Prozess als auch Teil des Prozesses (des Verstehens).

    XiongShui

    4. Januar 2009 at 5:56 pm

  2. @XiongShui: Du bist und bleibst Qimayas Antizipator!
    Hermeneutik ist eines der großen Anwendungsgebiete unserer neuronsemantsichen Netze. Proof of concept in:

    Holthausen, K.; Onnasch, E.-O.; Ziche, P.: „Dynamisierte Textcorpora. Anwendungen neuronaler Netze für editorische und texterschließende Fragestellungen“, in: editio. Internationales Jahrbuch für Editionswissenschaft — International Yearbook of Scholarly Edition — Revue Internationale des Siences de l’Edition Critique 21 (2007), S. 169-188.

    Als pdf verfügbar:

    Klicke, um auf editio2007.pdf zuzugreifen

    Ansonsten kann ich als Platonost die Aussagen Deines Kommentars nur unterstreichen.
    Wir wollten mit dem Beitrag ‚Ontologien aus Amsterdam‘ lediglich auf Problemdiskussionen innerhalb der Ontologen-Community hinweisen!

    Qimaya42

    4. Januar 2009 at 6:09 pm

  3. Dann bin ich beruhigt.

    XiongShui

    4. Januar 2009 at 7:14 pm

  4. […] Qimaya verfolgt einen anderen Ansatz. Den, der direkt zur gewünschten Lösung führt. Den Weg, der aus Daten deren vorhandene Bedeutung sinnvoll für weitere Aufbereitung extrahieren kann. Die Lösung, die das Semantische Web auf dem natürlichsten Weg herbeiführt. […]


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